Wer schon einmal einen St. Kilian Whisky aus frischer amerikanischer Weißeiche („Virgin Oak“) im Glas hatte, kennt das: eine Aromawucht aus Vanille, Kokos und geröstetem Holz. Doch was genau macht das Fass eigentlich mit dem Whisky – und wie unterscheidet sich das von der Reifung in klassischen ex Bourbon-Fässern?
Virgin Oak – der Aromaturbo
Virgin Oak bedeutet: frisch gebaut, innen getoastet oder ausgekohlt, aber noch nie mit Alkohol befüllt. Das Holz ist noch „voll bei Kräften“ – und gibt beim Reifen entsprechend viele Aromen an den Whisky ab:
- Vanillin – intensive Vanille, typisch für Weißeiche.
- Whiskylactone – bringen cremige Kokosnuss- und Holznoten.
- Furfural & Co. – erinnern an Karamell, geröstetes Brot, Mandeln.
- Guajakol – je nach Toasting rauchig und würzig.
- Balsamische Noten – wie Syringaldehyd oder Sinapaldehyd.
- Tannine – in deutlich höherem Maß vorhanden als in gebrauchten Fässern; sie sorgen für Struktur, Würze und je nach Reifezeit auch für eine feine, teils herbe Adstringenz
Das Ergebnis: kräftig, würzig, vanillig – mit süßem Holz, feiner Bitterkeit und cremiger Textur. Besonders bei kürzeren Reifungen entsteht ein wahres Aromenfeuerwerk.
Virgin Oak-Fässer aus amerikanischer Weißeiche enthalten etwa 10-mal mehr Lactone als entsprechende ex Bourbon-Fässer – ein Grund für die intensiveren Kokos- und Holzaromen.
Ex Bourbon – sanfter, ausgewogener, klassisch
Ex Bourbon-Fässer wurden zuvor mit Bourbon belegt – und haben dabei bereits einen Teil ihrer Holzinhaltsstoffe abgegeben. Das sorgt für ein sanfteres, rundes Aromaprofil:
- Vanille & Karamell – weicher, cremiger, süß.
- Lactone – noch vorhanden, aber deutlich dezenter.
- Toffee & Frucht – entstehen durch die Wechselwirkung mit Bourbon-Resten.
- Tannine – stark reduziert; das Holz wirkt deutlich milder.
Das Ergebnis: weich, balanciert, süßlich – mit Noten von Vanille, Honig, Karamell und zartem Holz.
Fazit
Beide Fasstypen haben ihre Stärken: Virgin Oak sorgt für intensive Aromatik und schnellere Reife. Ex Bourbon bietet die klassische, runde Basis für viele Whiskys – subtil, elegant, tief.
Die genaue Reifezeit variiert natürlich durch viele Faktoren wie Lagerbedingungen, Toasting- oder Charring-Level, Alkoholgehalt oder Fassgröße. Doch klar ist: Frisches Eichenholz gibt mehr Aromastoffe ab als bereits belegtes – und das schneller. Vorsicht ist jedoch geboten: Zu viel Holz – etwa durch überlange Reifung – kann den feinen Charakter eines Whiskys auch überdecken.