Wer den frischen New Make von St. Kilian einmal in der Nase hatte, erkennt sie sofort: die feinen Noten von Apfel, Birne und Aprikose. Diese fruchtigen Aromen sind kein Zufall – sie sind das Werk der Hefe und ein faszinierendes Beispiel für biochemische Präzision.
Was sind Ester – und woher kommen sie?
Ester sind chemische Verbindungen, die durch Reaktion von Alkoholen mit Säuren entstehen. Sie riechen typischerweise fruchtig – je nach Struktur nach Apfel, Banane, Ananas, Pfirsich oder eben Aprikose. Ester entstehen bei der alkoholischen Gärung, wenn Hefezellen Zucker in Ethanol umwandeln. Dabei produzieren sie auch sogenannte höhere Alkohole (Fuselalkohole), die mit Säuren und Fettsäuren reagieren, welche die Hefe ebenfalls herstellt – und voilà: Es entstehen Ester. In unserem Fall sorgt die verwendete Hefe bei St. Kilian dafür, dass besonders viele kurzkettige Ester gebildet werden – darunter:
- Ethylacetat (Ester aus Essigsäure + Ethanol) – erinnert an grüne Äpfel
- Isoamylacetat (Ester aus Essigsäure + Isoamylalkohol) – bringt die Note reifer Birne
- Pentylbutanoat (Ester aus Buttersäure + Pentanol) – liefert die typisch fruchtige Aprikosennote
Diese Ester sind sehr flüchtig – und genau das macht sie so intensiv in der Nase, besonders im frischen, noch nicht gereiften Destillat.
Reifung – Wenn das Fass mitarbeitet
Doch hier endet die Reise der Ester noch lange nicht. Während der jahrelangen Fassreifung findet eine zweite Phase der Esterbildung statt – diesmal chemisch, nicht biologisch.
Im Holzfass reagieren über die Jahre Alkohole und Säuren, die im Destillat oder aus dem Holz selbst stammen, ganz langsam miteinander. Dabei entstehen neue, oft komplexere Ester, die zusätzliche Fruchtnoten, Vanille- und Kokosaromen sowie kräuterige und florale Töne hervorbringen. Gleichzeitig verflüchtigen sich manche der leichten, frischen Ester (Stichwort: „Angels‘ Share“) – die typische Veränderung vom lebendig-fruchtigen New Make zum tiefgründigen, gereiften Whisky beginnt.
Fazit
Die Aromen von Apfel, Birne und Aprikose im New Make von St. Kilian sind kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis gezielter Gärungskontrolle und feiner Destillation. Sie geben dem Whisky eine frische, fruchtige Basis, auf der die Reifung im Fass weiter aufbauen kann.
Denn guter Whisky beginnt bei der Gärung mit Hefe – und reift mit Zeit und Geduld.