E – wie Ester

Whisky ABC - E wie Ester

Was sind Ester?

Ester sind chemische Verbindungen, die durch die Reaktion von einer SĂ€ure mit einem Alkohol entstehen. Sie stellen in der Chemie eine eigene Verbindungsklasse dar.

Wie funktioniert diese chemische Reaktion zu Estern?

Alkohole reagieren mit organischen SĂ€uren (z. B. EssigsĂ€ure, MilchsĂ€ure) oder anorganischen SĂ€uren (z. B. SchwefelsĂ€ure, PhosphorsĂ€ure) in Gegenwart eines Katalysators und unter Abspaltung von Wasser zur einer neuen Verbindungsklasse, die Ester. Diese Reaktion bezeichnet man als Veresterung. Chemisch gesehen handelt es sich hierbei um eine Kondensationsreaktion, da Wasser abgespalten wird. Vereinfacht ausgedrĂŒckt, kann man sich einen Ester wie einen Zwei-Komponenten-Klebstoff vorstellen: Komponente 1 (= Alkohol) verbindet sich mit Komponente 2 (= SĂ€ure) und hĂ€rtet unter VerdrĂ€ngung von Wasser als Gemisch (= Ester) aus.

Wer hat die Veresterung entdeckt?

Der deutsche Chemiker und NobelpreistrĂ€ger Hermann Emil Fischer (1852 – 1919) hat Ende des 19. Jahrhunderts erstmals diese Reaktion zwischen SĂ€uren und Alkoholen beschrieben. Sie ist in der Fachliteratur daher auch unter dem Namen „Fischer-Veresterung“ bekannt.

Gibt es bekannte Beispiele fĂŒr Ester?

Ja. Beispielsweise zĂ€hlen natĂŒrlich vorkommende Fette zu den Estern, da sie aus dem Alkohol Glycerin und verschiedenen organischen FettsĂ€uren aufgebaut sind. Diese speziellen Ester werden als Triglyceride bezeichnet. Sie werden ĂŒber die Nahrung aufgenommen und stellen wichtige Energiespeicher im Körper dar.

Welche besonderen Eigenschaften haben Ester?

Zahlreiche Ester weisen ein ausgeprĂ€gtes fruchtiges Aroma auf und finden daher als Aromastoffe Verwendung. Solche Ester sind maßgeblich auch fĂŒr den fruchtigen Geruch und Geschmack eines New Make Spirits bzw. Whiskys verantwortlich.

Kann man Ester im Whisky erkennen?

Ja. Die oftmals fruchtigen Noten im Whisky – wie beispielsweise das Aroma von tropischen FrĂŒchten (Ananas, Banane), Beeren (Brombeere, Erdbeere, Himbeere), Pflaumen, Kirschen, in Rum eingelegten Rosinen, Kokos, Zimt, Sternanis oder Minze – sind auf die Existenz von unterschiedlichen Estern zurĂŒckzufĂŒhren.

Wo werden die Ester bei der Herstellung von Whisky gebildet?

Die Ester entstehen maßgeblich wĂ€hrend der alkoholischen GĂ€rung durch die Hefe. Sie werden aber auch wĂ€hrend der Destillation sowie der jahrelangen Reifung in HolzfĂ€ssern aus vorhandenen Alkoholen und SĂ€uren gebildet.

Wie funktioniert die Esterbildung in der Destillerie?

WĂ€hrend der GĂ€rung wandeln die Hefezellen Zucker in Ethanol und Kohlenstoffdioxid um und produzieren dabei eine Vielzahl von Nebenprodukten, darunter auch Ester. Nahezu 100 verschiedene Ester wurden nach der Fermentation in der entstandenen Wash identifiziert. Weitere natĂŒrliche Nebenprodukte der GĂ€rung sind verschiedene Alkohole und organische SĂ€uren. Wenn diese wĂ€hrend der anschließenden Destillation der Wash in den Pot Stills verdampfen und dabei auf die heiße KupferoberflĂ€che treffen, können sie miteinander reagieren und auf diese Weise unterschiedliche Ester bilden, die spĂ€ter ins Destillat – dem gesammelten Mittellauf – gelangen.

Welcher Ester wird im Fass maßgeblich gebildet?

Auch wĂ€hrend der jahrelangen Reifung im Holzfass entstehen durch chemische Reaktion von Alkoholen mit SĂ€uren verschiedene Ester. Dabei ist der am hĂ€ufigsten gefundene Ester diejenige Verbindung, die aus dem Alkohol Ethanol und der SĂ€ure EssigsĂ€ure gebildet wird. Diese Substanz bezeichnet man chemisch als EssigsĂ€ureethylester. Dieser Ester wird wĂ€hrend der Reifung kontinuierlich im Fass gebildet, wobei die Estermenge im Laufe der Jahre im Fass stetig ansteigt. Dadurch ist die Menge an EssigsĂ€ureethylester im Whisky ein Maß fĂŒr dessen Reifung.

Welche Aromen weist EssigsÀureethylester auf?

In geringen Mengen zeigt EssigsĂ€ureethylester – also der Ester aus EssigsĂ€ure und Ethanol – ein angenehm fruchtiges Aroma, das an grĂŒne Äpfel erinnert. Mit zunehmendem Alter des reifenden Whiskys steigt auch die Menge dieses Esters an und kann einen Konzentrationsbereich erreichen, bei dem ein unangenehmer Klebstoffgeruch entsteht. Das wahrgenommene Aroma eines Esters hĂ€ngt demnach von dessen Menge, also der Konzentration, ab.

Welche Aromen weisen die Ester im Whisky auf?

Ester können eine breite Palette an Aromen und Geschmacksrichtungen im Whisky erzeugen. Diese reichen von fruchtigen und blumigen Noten bis hin zu wĂŒrzig-krĂ€uterigen und holzigen Tönen. Exemplarische Beispiele fĂŒr Ester-Aromen im St. Kilian Whisky sind u. a. Birne, Aprikose, Pfirsich, Apfel, Vanille, Kokosnuss und Minze.

Welche Ester sind dafĂŒr verantwortlich?

FĂŒr das Birnenaroma ist beispielsweise ein Ester verantwortlich, der aus EssigsĂ€ure und Propanol gebildet wird (= EssigsĂ€urepropylester). Der Ester aus ButtersĂ€ure und Ethanol (= ButtersĂ€ureethylester) weist neben dem Geruch nach Ananas ein ausgeprĂ€gtes Pfirsicharoma auf, wĂ€hrend der Ester aus ButtersĂ€ure und Pentanol (= ButtersĂ€urepentylester) nach Aprikose riecht. Reagiert der Alkohol Pentanol mit ValeriansĂ€ure, so weist der entsprechende Ester (ValeriansĂ€urepentylester) ein deutliches Apfelaroma auf. FĂŒr den Geruch nach Minze ist ein Ester aus BenzoesĂ€ure und Ethanol (= BenzoesĂ€ureethylester) verantwortlich.

Von welchen Faktoren hÀngt die Bildung der Ester bei der Produktion von Whisky ab?

Die genaue Zusammensetzung der Fruchtaromen, die in einem Whisky vorhanden sind, hĂ€ngt von unterschiedlichen Faktoren ab. Darunter fallen beispielsweise die eingesetzten Rohstoffe, der verwendete Hefestamm, die Dauer und TemperaturfĂŒhrung bei dem GĂ€rungsprozess, der Verlauf der Destillation (Temperatur, Geschwindigkeit, Cut Points), die Lagerungsbedingungen und die Art der verwendeten FĂ€sser, in denen das Destillat heranreift. Jeder Whisky kann daher eine einzigartige Zusammensetzung von Ester-Aromen aufweisen, die zu seinem individuellen und charakteristischen Geruchs- und Geschmacksprofil beitragen.

Benötigt man fĂŒr die Esterbildung immer zwei separate Reaktionspartner?

Nicht unbedingt. FĂŒr die Bildung eines Esters sind zwar immer eine SĂ€ure und ein Alkohol notwendig. Das mĂŒssen aber nicht zwangslĂ€ufig zwei MolekĂŒle sein. Denn es gibt auch chemische Verbindungen, die beide Gruppen – also die SĂ€ure- und die Alkoholgruppe – in ein und demselben MolekĂŒl besitzen. Eben an verschiedenen Stellen im MolekĂŒl. Unter geeigneten Bedingungen können die SĂ€ure- und die Alkoholgruppe in diesem MolekĂŒl miteinander reagieren. Das Ergebnis ist dann ein ringförmiger Ester, den man in der Chemie als Lacton bezeichnet. Solche Lactone gibt es tatsĂ€chlich und sie kommen beispielsweise in der Natur im Eichenholz vor. Amerikanische Weißeiche enthĂ€lt viel von diesen speziellen Lactonen, die ein Aroma und Geschmack von Kokos aufweisen. Diese Lactone werden in der Fachliteratur als Whisky-Lactone oder Quercus-Lactone bezeichnet.

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