
In welchen Phasen läuft die Fassreifung von Whisky ab?
Die Reifung von Whisky in einem Eichenfass lässt sich in drei Abschnitte unterteilen, nämlich in die additive, subtraktive und interaktive Reifung. Diese drei Phasen der Reifung laufen nicht nach einem strikten Schema nacheinander ab, sondern überlappen sich und gehen teils ineinander über.
Was versteht man unter der subtraktiven Reifung?
Dies lässt sich am besten an Hand eines ausgekohlten Eichenfasses veranschaulichen. Eiche verhält sich wie ein Schwamm und saugt sich mit Flüssigkeit voll. Gerade ein Eichenfass, welches aus neuen, unbenutzten Dauben hergestellt wurde („Virgin Oak“), saugt sofort begierig Spirit auf, sobald das Fass mit diesem befüllt wird. Auch während der Fassreifung dringt der Spirit – je nach Jahreszeit – mehr oder weniger tief in die Dauben ein. Dabei passiert der Spirit die vom Auskohlen („Charring“) der Fässer auf der Innenseite der Dauben gebildete Holzkohleschicht. Diese Verkohlungsschicht wirkt wie ein Filter und hat die Fähigkeit, die unangenehmen und geruchsintensiven Schwefelverbindungen durch Adsorption zu entfernen. Das Fass subtrahiert also von dem reifenden Destillat Stoffe, die im späteren Whisky als unerwünscht gelten.
Trägt die schwarze Holzkohleschicht auch zur Farbe des Whiskys bei?
Nein. Die Aktivkohleschicht trägt wenig bis gar nicht zur Farbe oder zum Geschmack des reifenden Spirits bei. Ihre Rolle ist die Beseitigung unerwünschter Aromen im New Make durch eine Kombination von Adsorption und Oxidation, um letztlich die Qualität des reifenden Whiskys zu verbessern. Zudem wird durch die Verkohlung die Struktur des Eichenholzes stärker aufgebrochen, so dass der Spirit noch leichter und tiefer in die Dauben eindringen kann.
Was bedeutet additive Reifung?
Beim Eindringen des reifenden Destillats in die Fassdauben werden die aromareichen Holzabbauprodukte, die beim Vorgang des Toastens bzw. Auskohlens der Fässer im Holz entstanden sind, mit der Zeit herausgelöst. Aber auch die natürlichen Inhaltsstoffe des Holzes, die neben Cellulose, Hemicellulose und Lignin etwa 10 bis 12 Prozent der Trockenmasse ausmachen, werden vom Destillat aus den Dauben herausgelöst. Darunter befinden sich Gerbstoffe (Tannine), Öle, Fette, Harze, Säuren, ringförmige Ester (Lactone), Vanillin und viele andere aromatische Verbindungen, wie das nach Gewürznelken riechende Eugenol. Alle diese Stoffe werden vom Holz an den späteren Whisky abgegeben, werden also durch Addition der Spirituose hinzugefügt.
Werden die Holzinhaltsstoffe kontinuierlich an das Destillat abgegeben?
Nein. Die Abgabe der im Eichenholz natürlich vorkommenden und durch Hitze („Toasting, Charring“) gebildeten Stoffe an das reifende Destillat während der Fassreifung erfolgt nicht kontinuierlich. Das Herauslösen erfolgt demnach nicht linear, sondern nimmt einen logarithmischen Kurvenverlauf. Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass in einem Beobachtungszeitraum von drei Jahren bereits nach den ersten 30 bis 50 Tagen der Fassreifung die Hälfte aller Stoffe vom Holz an den reifenden Spirit abgegeben werden und diese Abgabegeschwindigkeit danach deutlich abnimmt.
Was geschieht bei der interaktiven Reifung?
Bei der interaktiven Reifung eines New Make zu Whisky kommt der Sauerstoff ins Spiel. Sauerstoff ist zu etwa 21 Prozent in der Luft enthalten. Bedingt durch die Porosität des Eichenholzes gelangt Luft über die mikroskopisch kleinen Kanäle der Holzdauben von der Außenseite in das Innere eines Fasses. Der Sauerstoff in dieser Luft kann dann mit bestimmten Stoffen des Destillats chemische Reaktionen, sogenannte Oxidationen, eingehen. So oxidiert Sauerstoff den Alkohol Ethanol zu Acetaldehyd. Dies ist eine Verbindung, die ein stechendes Aroma von unreifen, grünen Früchten aufweist. Dieser Aldehyd kann mit Sauerstoff weiter zur Essigsäure oxidiert werden. Diese Säure wiederum kann eine Veresterungsreaktion mit Ethanol eingehen und zu Essigsäureethylester reagieren. Eine Verbindung, die in geringen Mengen nach grünen Äpfeln riecht, in höheren Konzentrationen hingegen einen unangenehmen Klebstoffgeruch aufweist.
Wird nur Ethanol von Luftsauerstoff oxidiert?
Nein. Natürlich können auch andere Alkohole, wie die von der Gärung stammenden Fuselöle, mit Sauerstoff über die Stufe der jeweiligen Aldehyde zu den entsprechenden Säuren reagieren. Diese wiederum können mit verschiedenen Alkoholen neue, meist fruchtige Ester bilden. Diese zeigen sich dann im gereiften Whisky mit Noten von Äpfeln, Birnen, Aprikosen, Pfirsichen, Kirschen, tropischen Früchten und vielen mehr.
Reagieren auch andere Stoffe außer Alkohole mit Luftsauerstoff?
Aber ja. Beispielsweise reagieren die Gerbstoffe – die Tannine – ebenfalls mit Sauerstoff. Diese Reaktion wird von Kupferionen katalysiert, also unterstützt, die von der Brennblase stammen und während der Destillation in Spuren ins Destillat gelangen. Bei der Reaktion der Tannine mit Sauerstoff werden zum Teil stark färbende Stoffe, sogenannte Chinone, gebildet, die an das reifende Destillat abgegeben werden. Auf diese Weise kommt ein Teil der Farbe des späteren Whiskys zustande.
Wie schnell laufen Oxidationsreaktionen im Fass ab?
Obwohl der Prozess der Oxidation beginnt, sobald ein Reifefass befüllt wird, dauert es mindestens fünf bis sieben Jahre, bis die Auswirkungen der Oxidation olfaktorisch sowie gustatorisch deutlich erkennbar sind.