W – wie Whisky-Mythen

Whisky ABC - W wie Whisky Mythen

Obwohl die Wissenschaft in vielerlei Hinsicht große Fortschritte gemacht hat, bleibt die Welt des Whiskys nach wie vor von Geheimnissen umgeben. Neben einer Fülle von faszinierenden Geschichten und Überlieferungen ranken sich zahlreiche Mythen um die Herstellung, Lagerung und den Genuss dieser fassgereiften Spirituose. Einige dieser Mythen sind tatsächlich wahr, während andere sich als falsch erweisen. Andreas Kreser, unser Director of Communication & Brand Development, klärt einige dieser Mythen auf.

Mythos Nr. 1: Ist älterer Whisky immer besser?

Bei uns in Deutschland ist das oft die allererste Frage, die Kunden an unserem Stand bei vielen Whiskymessen stellen. Das Alter spielt für viele eine entscheidende Rolle, wenn es um Whisky geht. Der Mythos “Je älter, desto besser” ist tief in den Köpfen vieler verankert, besonders hierzulande. Im Gegensatz dazu erkundigen sich Besucher auf schottischen Messen eher nach dem Geschmack eines Whiskys, seinen Lagerbedingungen und ob er mild oder rauchig ist. Das Alter scheint auf der Insel eher nebensächlich oder zumindest nicht vorrangig zu sein. Das ergibt durchaus Sinn, denn das Alter allein sagt nichts über die Qualität eines Whiskys aus. Das Alter ist schlichtweg eine Zahl, die Reifung verleiht dem Whisky seinen Charakter. Probieren Sie ruhig mal einen jüngeren Whisky aus. Sie werden überrascht sein, wie intensiv, vollmundig und ausgewogen auch ein junger Whisky schmecken kann.

Warum spielt das Alter keine große Rolle beim Whisky?

Das Alter, das auf dem Etikett einer Whiskyflasche angegeben ist, dient nicht als (alleiniger) Indikator für die Qualität der Spirituose. Ähnlich wie bei Weinen können Whiskys zu einem bestimmten Zeitpunkt ihren Höhepunkt erreichen und sich zu einem komplexen, subtilen und ausgewogenen Genuss entwickeln. Verweilt ein Whisky jedoch zu lange im Fass, kann er zunehmend bitter und tanninhaltig schmecken und im schlimmsten Fall sogar in „flüssige Eiche” umschlagen. War die Reifezeit hingegen nicht ausreichend lang, ist das Produkt oft etwas rau, metallisch und unausgewogen, wobei zu viel vom unausgereiften Charakter erhalten bleibt. Das Alter ist also lediglich ein Aspekt in der faszinierenden Geschichte, die sich vom New Make bis zum gereiften Whisky im Holzfass entfaltet. Zwei Dinge sind jedoch gewiss: Ältere Whiskys werden zunehmend seltener und sind entsprechend hochpreisig.

Mythos Nr. 2: Ist dunkler Whisky immer besser?

Dieser Mythos hält sich hartnäckig: Die Annahme, dass ein dunkler Whisky automatisch besser ist, ist weit verbreitet. Die Vorstellung, dass ein Whisky mit der Farbe von Cola zwangsläufig von hoher Qualität sein muss, ist fest verankert. Doch das ist nicht korrekt. Während viele Genießer sicherlich eine satte Mahagonifarbe ansprechend finden, sagt die Farbe allein noch nichts über den Geschmack aus. Wenn Besucher auf einer Messe unbedingt unseren dunklen Whisky probieren möchten und dann feststellen, dass es sich um den rauchigen Waldfruchtlikör „Berry Metal“ handelt, werden sie vielleicht etwas vorsichtiger im Umgang mit dem Mythos Nr. 2 sein.

Woher stammt die Farbe im Whisky?

Die Farbe eines Whiskys entsteht ausschließlich während seiner Reifung im Fass. Wir bei St. Kilian Distillers, sowie auch andere Hersteller, füllen unsere Whiskys ohne den Zusatz von künstlicher Farbe ab. Obwohl die EU-Spirituosenverordnung die Verwendung von Zuckercouleur (E150a) erlaubt, haben wir uns bewusst dagegen entschieden. Unsere Whiskys werden so naturbelassen wie möglich in die Flasche gebracht.

Die natürliche Farbe des Whiskys wird durch mehrere Faktoren beeinflusst:

  • die Inhaltsstoffe des Holzfasses,
  • die Moleküle, die während der thermischen Behandlung des Fassholzes (Toasten, Auskohlen) entstehen,
  • die Flüssigkeit (wie z. B. Bourbon, Sherry, Portwein, Rum, Wein oder Bier), mit der das Fass zuvor belegt war,
  • sowie davon, wie oft das Fass für die Reifung von Whisky verwendet wurde (first-fill, second-fill, refill).

Mythos Nr. 3: Ist ein Blended Whisky minderwertig?

Nein! In der Welt der edlen Whiskys hat der Blended Whisky oft keine allzu gute Reputation, da er häufig als minderwertige Alternative zum Single Malt angesehen wird. Insbesondere in Deutschland ist zu beobachten, dass viele Whisky-Puristen beim Begriff “Blend” sofort skeptisch reagieren. Dies betrifft nicht nur die Vermischung von Malt- und Grain-Whiskys, sondern auch die Kategorie der Blended Malts, bei denen ausschließlich Single Malts verschiedener Brennereien miteinander vermählt werden. Es scheint, dass der Ausdruck “Blending” im Zusammenhang mit Whisky oft negative Assoziationen weckt. Einige vermuten, dass hinter diesem Prozess etwas Unlauteres steckt. Sie befürchten, dass minderwertige oder gar schlechte Whiskyfässer mit vielen guten Fässern vermischt werden könnten, um auf diese Weise auf den Markt gebracht zu werden. Doch dies entspricht nicht der Wahrheit. Betrachtet man die weltweiten Verkaufszahlen von Whisky, so findet man unter den Top 25 der meistverkauften Whiskys ausschließlich Blends (Geschäftszahlen von 2019). Kein einziger Single Malt Whisky ist darunter. Es lohnt sich also durchaus, einen Johnnie Walker, Chivas Regal, Ballantine’s, Crown Royal, Jameson, Grant’s oder Nikka zu probieren, um festzustellen, dass diese Blends auch hervorragende Whiskys sind.

Wieso wird Single Malt Whisky so stark gehyped?

Die Marketingabteilungen der Brennereien tragen dazu sicherlich ihren Teil bei. Sie haben ganze Arbeit geleistet, um Single Malt Whisky als hochwertiges Premiumprodukt im Vergleich zu den Blends zu präsentieren. Früher war der Verkauf von Single Malt eher die Ausnahme als die Regel. In den 1930er Jahren ging nahezu der gesamte Malt Whisky, mit einem Anteil von 99,9%, in die Blends. Heutzutage werden zwar über die Hälfte des schottischen Whiskyexports (55%) durch Blended Whiskys erzielt, aber Scotch Single Malt Whisky holt mit Exportzahlen von derzeit 36% mächtig auf (Zahlen aus dem Jahr 2023). Das Wort “Single” verweist offensichtlich auf etwas Einzigartiges und Reines. Es suggeriert, dass nur reiner Whisky verwendet und nichts verfälscht wird. Tatsächlich besteht jedoch auch Single Malt Whisky – es sei denn, es handelt sich um eine Einzelfassabfüllung – aus einer Mischung von Malt Whiskys, die zwar alle aus einer einzigen Brennerei stammen, jedoch in verschiedenen Fässern reifen können. Dies beeinträchtigt in keiner Weise seine steigende Beliebtheit. Wenn Blends jedoch nicht in solch großen Mengen verkauft würden, würde sich der schottische Single Malt Whisky nicht in der Position befinden, in der er heute ist. Ohne die Blends wäre bei vielen Malt-Destillerien sprichwörtlich schon längst das Licht ausgegangen.

Mythos Nr. 4: Kommt richtig guter Whisky nur aus Schottland?

Definitiv nicht! Heutzutage wird Whisky in vielen Ländern der Welt hergestellt, und überall findet man qualitativ hochwertige Produkte. Die Welt des Whiskys ist größer und vielfältiger geworden, mit einer wachsenden Anzahl kleinerer, neu gegründeter Brennereien rund um den Globus. Diese Betriebe experimentieren mit neuen Fasstypen für die Reifung und verschiedenen Arten von Finishings, wodurch sie die Whiskywelt bereichern. Ein gutes Beispiel dafür ist der irische Whiskey, der in den letzten beiden Jahrzehnten ein bemerkenswertes Wachstum erlebt hat und heute zu den am schnellsten wachsenden Spirituosen weltweit zählt. Immer mehr Kenner schätzen ihn als eigenständiges Getränk und entdecken dabei neue Stile und Geschmacksrichtungen. Auch der amerikanische Bourbon hat die Aufmerksamkeit von Spirituosenliebhabern auf der ganzen Welt erregt. Durch die Craft-Bewegung hat Malt Whiskey in den USA erheblich an Bedeutung gewonnen, und amerikanischer Single Malt Whiskey ist derzeit die am schnellsten wachsende Whiskey-Kategorie in den Vereinigten Staaten. Der nördlicher Nachbar Kanada produziert seit über 250 Jahren Whisky von hoher Qualität, der heute in mehr als 160 Ländern der Welt verkauft wird und eine der meistverkauften Sorten in Nordamerika darstellt. In dem flächenmäßig zweitgrößten Staat der Erde wurde die Kunst des Blendings perfektioniert, da jede Getreidesorte getrennt eingemaischt, vergoren, destilliert, gereift und erst dann zu einem trinkfertigen Whisky zusammengeführt wird. Auch Japan hat eine über 100 Jahre alte Whiskytradition, und japanischer Whisky boomt wie nie zuvor. Länder wie Israel, Indien, Taiwan, Australien und Südafrika produzieren ebenfalls hervorragende Whiskys, die bereits international vielfach ausgezeichnet wurden. Und natürlich werden auch in Deutschland von engagierten und innovativen Brennern qualitativ hochwertige Whiskys hergestellt.

Wie bedeutend ist das schottische Quellwasser für die Qualität des Whiskys?

Auch das ist ein weiterer Mythos. Es wird oft behauptet, dass schottischer Whisky aufgrund seines schottischen Quellwassers so gut und einzigartig sei. Doch das ist nur teilweise richtig. Einige Brennereien verwenden zwar ihr eigenes Quellwasser zur Herstellung ihres Whiskys, während andere sich mit der öffentlichen Wasserversorgung begnügen. Bei der Abfüllung in Flaschen wird der gereifte, fassstarke Whisky oft mittels Tanklastwagen zu großen Abfüllanlagen transportiert, die hunderte von Kilometern von der Produktionsstätte entfernt sein können. Dort wird dann das lokal verfügbare Wasser zur Verdünnung des Whiskys auf Trinkstärke (40%, 43% oder 46%) verwendet. Und zwar für jeden Whisky, der dort angeliefert wird. Dieses Wasser hat dann nichts mehr mit dem Quellwasser in der jeweiligen Brennerei gemeinsam.

Mythos Nr. 5: Muss man Whisky mit Eiswürfeln trinken?

Nein. Die Vorstellung, dass Whisky nur mit Eis zu genießen sei, ist nicht korrekt und gehört ebenfalls in das Reich der Whisky-Mythen. Natürlich steht es jedem frei, seinen Whisky so zu trinken, wie es ihm am besten gefällt. Doch wenn man einen hochwertigen Whisky genießen möchte, sollte man keine Eiswürfel hinzufügen. Denn das schmelzende Eis kühlt den Whisky ab, wodurch die Aromamoleküle weniger flüchtig werden und nicht mehr so gut wahrgenommen werden können – weder durch die Nase noch durch den Gaumen. Das bedeutet, dass man wenig bis gar nichts von den Aromen und dem Geschmack des Whiskys erlebt. Die optimale Trinktemperatur für Whisky liegt bei etwa 18°C. Um den Whisky zu verdünnen, kann man ein paar Tropfen Wasser hinzufügen. Aber kein Eis.

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